NOG-Zuchtprogramm Deutsche Holsteins
Nachdem die Gesellschafter der NOG ihre Zuchtprogramme für Deutsche Holsteins im Juli 2012 zusammengeführt hatten, gab es weitreichende Veränderungen bei der Selektionsarbeit ...
... Neben einheitlichen Selektionskriterien wurden auch die Selektionsgebiete (national und international) unter den zuständigen NOG-Sire Analysten aufgeteilt.
Selektion „vorher“
Vor Einführung der genomischen Selektion gestaltete sich die Rinderzucht mit der Auswahl von Bullenmüttern und Jungrindern ausgesprochen schwierig. Mit Hilfe von Selektionslisten wurden die potentiellen Kandidatinnen einer Vorselektion unterzogen, die sich an Abstammung, Leistung, Exterieur und Zuchtwerten orientierte. Allerdings waren die Zuchtwerte relativ ungenau (Sicherheiten von 30-45 %), so dass zwangsläufig auch falsche Bullenmütter und Jungrinder ausgewählt wurden.
Im Gegensatz dazu, erreichen genomische Zuchtwerte Sicherheiten von ca. 70 % und sie ermöglichen, dass mit fast doppelt so hoher Sicherheit prognostiziert werden kann, wie ein Tier sich vererben wird.
Selektion mit Hilfe genomischer Zuchtwerte
Bei der täglichen Arbeit stellt die genomische Zuchtwertschätzung ein mittlerweile nicht mehr wegzudenkendes Instrument dar und bestätigt mit relativ sicheren Daten, dass größtmöglicher Zuchtfortschritt durch Verkürzung des Generationsintervalls erzielt werden kann.
Daher konzentriert sich die Selektion auf der weiblichen Seite ausnahmslos auf Jungrinder und ältere Tiere bekommen kaum noch Chancen. Ähnliches ist auch bei der Auswahl der Bullenväter zu beobachten. Hier erzielen die genomischen Jungbullen ebenfalls beste Ergebnisse und sind den töchtergeprüften Bullen deutlich überlegen.
Der Ablauf des Zuchtprogramms beginnt zunächst mit einem „Fischen im Trüben“. National und international werden anhand von Pedigreeinformationen geeignete Kandidatinnen für die genomische Untersuchung ausgewählt.
Da potenzielle Bullenmütter mit Hilfe der genomischen Zuchtwerte wesentlich genauer identifiziert werden können, liegt es nahe, sich auf die besten weiblichen Tiere zu konzentrieren und mit ihnen intensiver zu arbeiten. Die Auswahl erfolgt anhand der genomischen Zuchtwerte, der Abstammung und der Hintergrundinformationen zu den Familien der potenziellen Spendertiere.
Die laufenden Veränderungen des Zuchtwertniveaus in der Population, werden bei den Auswahlbedingungen berücksichtigt und kontinuierlich angepasst. Abweichungen für hornlose Tiere sowie Outcross-Pedigrees sind dabei möglich.
Jungrinderspülprogramm
Das Herzstück des NOG-Zuchtprogrammes ist die ET-Station der MASTERRIND, die sich auf die beiden Standorte Nückel und Rodenkirchen erstreckt und dessen laufender Betrieb durch die Kooperationspartner der NOG gemeinsam finanziert wird. Dadurch haben die Mitgliedsbetriebe der NOG-Partner die Möglichkeit, ihre genomisch hochwertigsten Jungrinder in die ET-Station abzugeben, wo diese dann von einem sehr erfahrenen Team versorgt und gleichzeitig bearbeitet werden.
Die beiden Standorte sowie das Spendertiermanagement sind bestens aufeinander abgestimmt und es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die Donoren bereits in einem Alter von 8 Monaten in Rodenkirchen für die notwendige Quarantäne einzustallen. So ist gewährleistet, dass sie sich umgestellt und an die neue Futterration gewöhnt haben, bevor mit den ersten biotechnischen Maßnahmen ab ca. 11 Monaten Alter begonnen wird. Auch sind die Futterrationen der Standorte so aufeinander abgestimmt, dass bei einem möglichen Wechsel von Rodenkirchen nach Nückel kein unnötiger Stress durch Futterumstellung entsteht.
Intensität und Vielfalt
Durch die Nutzung biotechnischer Maßnahmen wie Embryotransfer und Ovum-Pick-Up mit anschließender In-Vitro-Fertilisation nutzt das NOG-Zuchtprogramm intensiv die beste verfügbare Genetik. Von Vorteil dabei ist es, viele verschieden Bullenväter je Spendertier einzusetzen, um die notwendige Breite im Zuchtprogramm zu sichern.
So können nicht nur Vererber für verschiedene Einsatzschwerpunkte (z.B. Leistung, Exterieur, Gesundheit, Fitness), sondern auch für andere Marktsegmente wie Inhaltsstoffe, alternative Blutführungen oder aber Hornlosigkeit erstellt werden. Die Bullen für diese Anpaarungen werden immer in Absprache mir den Züchtern festgelegt.
Neben dem Ziel, hochwertige Bullen zu produzieren, sollen auch möglichst viele weibliche Nachkommen von den Donoren erzeugt werden. Sind sie doch die potenziellen Bullenmütter der nächsten Generation und motivieren die Besitzer der Spender am Zuchtprogramm teilzunehmen.
Überregionale Ausrichtung
Nicht nur Tiere aus der NOG-Population haben eine Chance sich für Nückel / Rodenirchen zu qualifizieren, sondern auch hoch veranlagte Tiere aus anderen Teilen Deutschlands sowie angrenzenden Ländern. Auch dort weiß man, den Service der NOG zu würdigen.
Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es die Möglichkeit, Spitzengenetik abzugeben und von einem erfahrenen Team vermehren zu lassen. Einzige Bedingung für diesen kostenfreien Service der NOG-Gruppe ist ein erstes Zugriffsrecht auf geborene Bullenkälber.
Wieder Daheim
Nachdem die Embryonenproduktion bei den Spendertieren abgeschlossen ist (ca. 4. Trächtigkeitsmonat), treten diese die Heimreise an, um sich im Züchterstall auf ihre erste Kalbung vorzubereiten. Zeitgleich werden die Kälber aus den in Nückel produzierten Embryonen geboren, die auf Empfänger der MASTERRIND oder aber auf betriebseigene Trägertiere übertragen wurden.
Diese Kälber – egal ob männlich oder weiblich – werden von den Züchtern bei der jeweiligen NOG-Partner-Organisation für eine SNP-Typisierung angemeldet. Mit Vorliegen des genomischen Zuchtwertes eines jeden Tieres finden dann die monatlichen Selektionsentscheidungen innerhalb der NOG statt.
Vorrangig bei den männlichen Tieren werden monatlich Entscheidungen über den Ankauf getroffen, während die Selektionsentscheidung bei den weiblichen Tieren erst dann vorgenommen wird, wenn sie für die Übernahme in die ET-Station alt genug sind.
Finanzielle Unterstützung
Generell ist es den Züchtern freigestellt, ob sie ihre wertvollsten Tiere in die Obhut der NOG geben, oder ob sie diese auf dem eigenen Betrieb entsprechend vermehren. Der Züchter hat dadurch keinerlei Nachteile bei späteren Selektionsentscheidungen. Zumal ja auch die Tiere, die auf Grund ihres genomischen Zuchtwertniveaus nur knapp an einer Übernahme in die ET-Station gescheitert sind, für das Zuchtprogramm genutzt werden müssen. Dies passiert dann, wie eben beschrieben, auf den Höfen in Eigenregie mit finanzieller Unterstützung (Spülzuschuss) der NOG.